• Gütersloh. Es gibt Konzerte, da wird selbst die große Martin-Luther-Kirche in akustischer Hinsicht
ganz klein. Etwa beim Konzert des Symphonischen Blasorchesters, das am späten Sonntagnachmittag
zugunsten des Fördervereins historische Kirchen im Stadtzentrum zum ersten Mal an diesem Ort
gastierte.
Hätte man gewusst, wie prächtig und mächtig das knapp 50-köpfige Ensemble der Freiwilligen Feuerwehr
Gütersloh-Zentral in dem Gotteshaus klingt, vielleicht wäre man schon früher auf ein Kirchenkonzert
gekommen. Die überaus geglückte Premiere allerdings lässt hoffen, dass hier ein neuer, ständiger
Spielort des Orchesters gefunden wurde. Dirigent Thomas Boger allerdings hatte auch mit dem
ausgewählten Repertoire eine sichere Hand bewiesen. Schon der Bach-Choral „Jesu, meine Freude",
von der Empore wie aus dem Chorraum gespielt, öffnete zu Beginn des Konzertes den Kirchenraum für
die Klangmassen, die massiv Richard Strauss in seinem „Feierlichen Einzug der Ritter des
Johanniter-Ordens" beschwört. Von Strauss zu Jan van der Roosts „Prima Luce" war es
nur ein kleiner Schritt. Den einbrechenden Lichtstrahl während der Morgendämmerung in einem gewaltigen
Orchestercrescendo darzustellen, dürfte sich Roosts in seiner effektvoll komponierten und vom
Orchester mit Vehemenz und Brillanz gespielten symphonischen Dichtung vom Meister aus Garmisch
abgeschaut haben.
Ahnlich verfährt Edward Elgar in seinem elegischen, von Thomas Boger sehr präzise auf den Höhepunkt
zusteuernden „Nimrod"-Satz aus den berühmten „Enigma-Variationen". Eigentlich ist auch Philipp Sparke
ein Kandidat für blechbewehrte Orchestermontur. Eine Ausnahme ist seine „Ouvertüre for woodwinds",
in denen die Holzbläser des Gütersloher Orchesters im anspruchsvoll gesetzten Satz, mal im
Gegeneinander der Register, mal solistisch, delikat Farbe bekennen dürfen.
Zwei Solisten stellten sich an diesem Abend dem Publikum in der erstaunlich gut besuchten
Martin-Luther-Kirche vor. Nils Corßen spielte den Solopart in Nikolaj Rimsky-Korsakoffs Konzert für
Posaune und Orchester, und ließ erkennen, warum er seit Jahren und bundesweit bei „Jugend musiziert"
auf die ersten Plätze abonniert ist. Sein Ansatz ist weich, der Ton jederzeit präsent, dabei, gerade
im zweiten Satz, von erstaunlicher Flexibilität. Und auch musikalisch überzeugte der 15-jährige
Virtuose nicht bloß als technokratischer Verwalter seines schwierigen Soloparts, sondern mit
überlegener Phrasierung und Gestaltungskraft.
Simon Reichert versah die beiden letzten Sätze der „Orgelsinfonie" von Camille Saint-Saens mit den
kräftigen Klangfarben der Steinmeyer-Orgel, die vermutlich als einziges Instrument in Gütersloh
dynamisch dem Klangapparat des sehr genau, impulsiv, brillant spielenden Orchesters gewachsen war.
Ein grandioser Abschluss des Abends, vom Publikum so nachhaltig gefeiert, dass das Symphonische
Blasorchester nicht ohne zwei Zugaben (Bach-Choräle) den Altarraum verlassen durfte.